Ein wegweisendes Gerichtsurteil aus Kalifornien sorgt derzeit für Bewegung in der US-Regulierungslandschaft. Mehrere indigene Gemeinschaften hatten versucht, den Betrieb der Prognosemarkt-Plattform Kalshi auf ihrem Gebiet zu stoppen – ohne Erfolg. Das Gericht entschied, dass die von Kalshi angebotenen Ereignisverträge nicht als Glücksspiel im rechtlichen Sinne gelten. Damit fallen sie weder unter das staatliche Online-Glücksspielverbot noch unter lokale Einschränkungen, die sonst für Wettanbieter gelten würden.
Die Begründung ist von großer Bedeutung: Kalshi wird auf Bundesebene durch die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) reguliert, und die Richter stellten klar, dass Prognosekontrakte als finanzielle Instrumente einzustufen sind. Damit hat Kalifornien den Grundstein für eine Entscheidung gelegt, die weit über den lokalen Konflikt hinausreicht – sie betrifft die Zukunft eines gesamten Marktes, der sich an der Schnittstelle von Finanzen, Politik und Glücksspiel bewegt.
Ein zersplittertes Rechtsgefüge: Prognosemärkte vor US-Gerichten
Kalshi ist schon länger in mehrere juristische Auseinandersetzungen verwickelt. In verschiedenen Bundesstaaten versuchen Behörden, Konkurrenten oder Interessenverbände, bestimmte Ereignisverträge zu blockieren. Das Problem: Während die CFTC mehr Offenheit für regulierte Prognosemärkte signalisiert, vertreten manche Bundesstaaten eine strikte Glücksspielauslegung.
Zu den aktuellen Frontlinien gehören:
- Kalifornien: Indigene Gemeinschaften scheitern mit dem Versuch, Kalshi auf Stammesland zu stoppen.
- Wisconsin: Die Ho-Chunk Nation hat Klage eingereicht, um Aktivitäten der Plattform auf ihrem Gebiet zu untersagen.
- New Jersey & Nevada: Gerichte erließen vorläufige Verfügungen, die Kalshi vor direkten Eingriffen schützen.
- Maryland: Eine einstweilige Verfügung wurde abgelehnt, das Verfahren läuft weiter.
- Massachusetts, New York, Ohio: Weitere Klagen sind anhängig.
Darüber hinaus haben Staaten wie Arizona, Illinois und Montana Unterlassungsanordnungen erlassen. Und der politische Druck steigt weiter: 34 Generalstaatsanwälte haben sich in New Jersey gegen Kalshi positioniert.
Der Konflikt betrifft nicht nur Kalshi. Auch Unternehmen wie Robinhood und Crypto.com stehen im Fokus der Behörden – letzteres stellte seinen Betrieb in Nevada sogar komplett ein. Die Frage lautet immer häufiger: Wo endet regulierter Finanzhandel, und wo beginnt illegales Glücksspiel?
PrizePicks steigt in den Handel mit Ereignisverträgen ein
Während Gerichte und Behörden streiten, expandiert der Markt weiter. Ein bemerkenswertes Beispiel ist PrizePicks, das jetzt in 38 Bundesstaaten ein neues Event-Trading-Produkt anbietet. Das Unternehmen nutzt dafür regulierte Kontrakte von Kalshi, die über die Tochterfirma Performance Predictions II, LLC abgewickelt werden. Diese fungiert offiziell als Futures Commission Merchant – ein Status, der klare regulatorische Leitplanken setzt.
PrizePicks integriert diese Prognosemärkte direkt in seine bestehende App. Nutzer können nun nicht nur klassische Fantasy-Sports-Einträge erstellen, sondern auch auf Ereignisse aus Sport, Unterhaltung und Popkultur handeln. CEO Mike Ybarra erklärte, das neue Produkt sei eine Reaktion auf “den Wunsch der Kunden nach mehr Flexibilität und breiteren Spielmöglichkeiten”.
Parallel arbeitet PrizePicks mit Polymarket zusammen – einer der weltweit bekanntesten Vorhersageplattformen. Deren Rückkehr in die USA verzögerte sich zwar durch administrative Hindernisse, doch die Partnerschaft verdeutlicht, dass mehrere Anbieter die Chance nutzen wollen, ein wachsendes Marktsegment zu besetzen.
Auch andere Wettbewerber wie Underdog bereiten ähnliche Funktionen vor. Die großen Anbieter der Branche – FanDuel und DraftKings – entwickeln ebenfalls eigene Event-Trading-Plattformen. Trotz regulatorischer Spannungen zeichnet sich ein Trend ab: Prognosemärkte werden zunehmend als legitimer Teil der digitalen Sport- und Unterhaltungsbranche wahrgenommen.
Bedeutung für Regulierung und Markttrends
Das Urteil aus Kalifornien könnte als ein entscheidender Moment für die Zukunft der Prognosemärkte gelten. Denn es zeigt:
- Bundesregulierte Prognosekontrakte unterscheiden sich juristisch vom Glücksspiel.
Diese Sichtweise stärkt die Position der CFTC und der Plattformen, die unter ihrem Dach operieren. - Stammes- und Bundesstaatenrechte geraten in Konflikt.
Viele Staaten wollen mehr Kontrolle, während Unternehmen auf bundesrechtliche Klarheit drängen. - Der Markt wächst trotz Widerstands.
Neue Produkte, Partnerschaften und Expansionen zeigen, dass der sektorübergreifende Trend hin zu Ereignisprognosen ungebrochen ist. - Große Player steigen ein – und verändern die Dynamik.
Sobald FanDuel, DraftKings oder andere Branchenriesen eigene Plattformen launchen, könnte der Markt eine ähnliche Entwicklung wie Sports Betting 2018 erleben.
Gleichzeitig deutet die Vielzahl der Klagen darauf hin, dass die Rechtslage in den USA auf absehbare Zeit fragmentiert bleibt. Unternehmen wie Kalshi müssen sich daher weiterhin in einem komplexen Geflecht aus Bundesregulierung, staatlichen Verboten, lokalen Gerichtsurteilen und politischen Interessen bewegen.
Ein Markt zwischen Finanzen und Glücksspiel – und ein Urteil mit Signalwirkung
Der Fall Kalshi gegen die indigenen Gemeinschaften in Kalifornien zeigt, wie dynamisch sich Prognosemärkte entwickeln – und wie tief sie bestehende Rechtsstrukturen herausfordern. Obwohl der Markt noch jung ist, zwingt er die Behörden dazu, klare Linien zwischen Finanzinstrumenten und Glücksspiel zu ziehen.
Das jüngste Urteil sendet ein unmissverständliches Signal: Nicht jeder Vertrag, der auf ein zukünftiges Ereignis abzielt, ist automatisch ein Glücksspiel. Für die Branche ist das ein Türöffner – für Regulierer hingegen ein Auftrag, neue, präzise Regeln zu formulieren.
Die kommenden Monate werden entscheidend: Je nachdem, wie weitere Gerichte, Bundesstaaten und die CFTC ihre Positionen festigen, könnte sich der Prognosemarkt in den USA entweder zu einem milliardenschweren Mainstream-Segment entwickeln – oder zu einem hart umkämpften regulatorischen Minenfeld.














